Sonntag, 21. Dezember 2014

Wie viel Freundlichkeit verträgt ein Mensch? - Ich will doch bloß bezahlen!

Letztens war ich im Breisgau unterwegs, genau gesagt in Freiburg im Breisgau. Ein nettes Städtchen. Ein wirklich sehr sehr nettes Städtchen. Genau das ist das Problem.

Als pragmatisch veranlagter, rotzig-freundlich orientierter Großstädter ist für mich ein gemurmeltes Hallo und ein schnotziges "Ein Euro Neunzehn" an der Kasse bereits so ziemlich das überschwänglichste an Kommunikation, dass ich an einer SB Kasse bei DM erwarte und auch gutheiße.

Diese Rechnung habe ich ohne das blond gelockte, personifizierte Grauen der Freundlichkeit aus dem Schwarzwald gemacht. Selbige war Kassiererin und professionelle Grinsebacke im örtlichen Drogeriemarkt. Meine Mission, einen Labello - von dem ich hochgradig süchtig bin - zu kaufen,  wurde aufs tiefste erschüttert und denunziert von Sabine M. Denn schnell, anonym und ganz allein für mich meinen Stoff zu besorgen hat die vorzeige Kassiererin in Durchführung Ihres Berufes vergeigt. 

Ich gehe also latent gestresst, 20 Minuten vor Ladenschluss in den mir unbekannten Hygienefachmarkt um meine Droge zu besorgen. Ich flitze rein, höre das vertraute Piep, Piep, Piep an der Checkout Kasse und suche mein Dealerregal, das mich mit den fettigen Pflegestiften versorgt. Gesucht, gefunden 20 Sekunden. Mission erfüllt. 

Dachte ich. 

Ich stell mich also an die Kassenschlange und stelle fest, dass hier die Uhren anders ticken, als in Berlin, Köln oder Shanghai. Obwohl ich bei letzterem nicht bezeugen könnte, einen DM Markt zu finden. Aber ich schweife ab.

8 Kasseninseln, alle mit einer Kassiererin besetzt. 11 Kunden. Wow. Hier wird Service groß geschrieben, denke ich mir. Kein anstehen, kein warten. Piep, 1.19€ bitte, danke. Tschüss.

Dachte ich.

"Guten Abend" säuselte mir der hübsche Engel entgegen. "HALLO" kam über meine Lippen -  bis hierhin also eine TOP Sache. Doch der Engel entpuppte sich als Freundlichkeits Satanist. "Habet Se e Beybäg Kärtle für mi?" "HÄ?" - Scheinbar habe ich sie angeschaut, wie ein Rehkitz auf der Autobahn kurz vor dem Aufprall. "Henn sie e Payback Kärtle" wiederholte sie sich mit engelsgleicher Zunge. ACH SO. Voller Herzlichkeit antwortete ich "NEIN." - ich glaube, gelächelt zu haben. Ich warte immer noch auf das "PIEP"! "Wollet Se a Kärtle?" - "HÄ (2)" - Das Auto knallt ins Rehkitz!!! 

Was nun folgt , ist ein monumentaler Monolog über die Vorteile des Deutschen liebsten Kundenkarte in einem Dialekt, der mit übertriebener Freundlichkeit gepaart, mehr als meine Nerven strapaziert und ich überlege mir, einen kleinen, gepflegten Amoklauf. Hinsichtlich der Konsequenzen dessen, entschließe ich mich aber einfach nur gequält zu lächeln. Und ich warte immer noch darauf, dass mein Lippenstift über den Scanner gezogen wird. "ICH MÖCHTE WIRKLICH NICHT. WIRKLICH. DANKE".

"Schad. Sie könne die au im Karstadt, oder auch online bei Zalando..... "AAAAAAAAHHHHHHHHH" nutze." "Ich will VERFICKT nochmal nur meinen Scheiss Labello für 1.19€ bezahlen und nicht bemuttert oder belehrt werden, ich will nur bezahlen, Du Monster!"

Hab ich gedacht. "NEIN!!! - Habe ich gesagt. "Bitte" - habe ich gefleht

Und dann war es da. Das lang ersehnte, geliebte, vertraute PIEP. "HALLELUJA!" Ein Euro Neunzehn bidde. Bezahlen, danke, gehen. 

STOPP! S'KASSEZETTELE........ (Das nun eine Belehrung - eine enorm freundliche Belehrung darüber folgt, dass es immer besser ist, den Kassenzettel mitzuführen, muss ich an dieser Stelle nicht mehr ausführen!)

In diesem Sinne
Bleiben Sie freundlich. Wie die Berliner.