Sonntag, 8. April 2012

Der Wiesenhof Skandal - Böse Welt oder Doppelmoral und Feigheit?

Immer wieder tauchen in den Social Media Networks Videos von Tierschützern, Journalisten oder Hobbyfilmern auf, die das schonungslose, brutale Treiben der Tierfabriken zeigen und die nackte Wahrheit in kleinen Youtube Häppchen unter die Internet User streuen. Mit dem Bifi im Hals oder dem Putenbrötchen in der Hand oder der Tiefkühlpizza mit Schinkenbelag und den leckeren Chicken Nuggets auf dem Tisch bleibt dem Zuschauer direkt ein Bissen im Halse stecken, beim Anblick dieser Zustände.

Das Entsetzen ist gross, die Postings auf solche Digitalen Tatsachenbekundungen lesen sich immerfort nach dem selben Schema. „In was für einer Welt leben wir doch“, „Wie können Menschen nur so brutal sein“, „Denen sollte man das Handwerk legen“ und so weiter und so fort. Ja es ist schlimm, denke ich mir, beisse herzhaft in mein Putenbrötchen und schüttle durch den Bildschirm distanziert heftigst mit meinem intelligenten Köpfchen.

Und weil diese Bilder von den Hühnern, die lebendig zerrissen werden, mit dem Sneaker des Fabrikarbeiters zertreten werden, oder mit voller Wucht gegen Wände geschmissen werden so dermassen abstossend, widerwärtig und herzzerreissend sind, „kann ich den Film nicht zu ende sehen“. Ja verstehe ich, diese bösen Menschen da draussen. Wie können sie nur?!

Mit dem Ausschalten des Filmchens ist die Realität wieder heile gemacht, die Nuggets schmecken nach ein paar Minuten wieder grandios und „sicherlich macht das die Marke meines Vertrauens nicht.“

Bestimmt nicht, nein; Die 20-er Packung Nuggets für 2.89 Euro bürgt für Handaufzucht der kleinen Federhüpfer, einem Auslauf Gehege, von dem Knastis träumen können, Ställen die mit Brahms Hungarian Dance No.5 berieselt werden, damit das Fleisch schön zart wird. Dann werden die Gesellen gebeten sich zum sterben schlafen zu legen und nach einer Beerdigungszeremonie für das liebe Federvieh, verarbeitet man sie schonend und in Gedenken an Ihre Seele zu leckeren Chicken Nuggets. Ja bestimmt ist das so.

Wir dürfen verstehen, dass es nicht „wir“ und „die da draussen“ gibt! Wenn ich mein Fleisch, mein Bifi, meine Putenwurst und meine Eier für ein Appel und das selbige erwerben möchte, bin ich auf einen Grosshändler angewiesen. Ein Grosshändler hat ein Interesse; Einen wirtschaftlich erfolgreichen Betrieb zu führen, mit Ware, die auf engstem Raum, zur schnellsten Zeit mit geringstem Aufwand verkäuflich ist. Das es sich hierbei um süsse Vögelchen, oder knuffige Schweinchen handelt ist ein Gedanke für Romantiker, Ignoranten oder Wegseher. Es handelt sich um Ware! Diese Fabrikbesitzer gehen nicht Gassi mit Ihren Küken und singen Sie auch nicht in den Schlaf, sie behandeln sie wie dreckiges, altes Leergut. Es ist Mittel zum Zweck. Der Eine handelt mit Stoffen, der andere mit Schrauben und der Wiesenhof Boss handelt mit Viechern.

Solange ich mein belegtes Brötchen beim Bäcker, die Nuggets am Grillstand, die Sonntagswurst und die Currywurst kaufe, wird das Image dieser Marken Romantisch und die Realität Widerwärtigst sein. Es hilft nicht, das Video auszuschalten, zu schreien „ich kann da nicht hinsehen“. Es hilft diese Verbrecher zu meiden, die Produkte zu meiden, sich ein Bewusstsein zu schaffen. Es geht nicht darum, nun immer zum teuren Metzger zu rasen, das kann auch nicht jeder. Es geht aber darum, sich der Dinge bewusst zu sein und den Tatsachen in die Augen zu schauen. Dieser Wiesenhof Skandal ist wiederholt aktuell, weil ich, weil Du, weil wir den Film sehen, schockiert sind und uns dann etwas angenehmerem zuwenden. Wenn beim nächsten mal beim Gang zur Wurstheke nur ansatzweise ein Gedanke über diese Bilder, diese Worte in unsere Köpfe kommt, sollten wir, ich, Du ihn aufgreifen und fruchten lassen.

Und vielleicht treffen wir uns häufiger an der Gemüsetheke oder einfach mal seltender bei diesem Massenfleisch

In diesem Sinne Guten Appetit