Freitag, 30. September 2011

Hände hoch und Daten her - Das grosse Geschrei um Facebook Daten




Die letzten Tage kam ich nicht umhin, in jeder News Sendung, in jedem Verbrauchermagazin und in jeder Zeitung Beiträge zum Thema Daten bei Facebook mitzubekommen. Den Stein ins Rollen hat ein Jura Student in Österreich gebracht, der die Initiative „Facebook vs. Europe“ in´s Leben gerufen hat.
 
Der Student ruft und alle schreien mit. Und ich frage mich; Wieso?
 
Halten wir fest; Auch ich bin für mehr Transparenz und klarere Aussagen bezüglich meiner Daten, muss jedoch festhalten, dass ich als ich mich bei meiner Facebook Registrierung im Jahre 2008 ca. 1,5 Sekunden mit den AGB´s beschäftigt habe. Also die Zeit, die es benötigt, das Kästchen zum akzeptieren zu finden und es mit einem schicken „x“ zu versehen. Das Lesen der ganzen Sache habe ich, wie so oft, vernachlässigt.
 
Bin ich da eine Ausnahme? Hast Du die AGB´s gelesen? - Dacht ich mir. Nun wurde durch mediale Aufmerksamkeit der Fokus erneut auf genau diese seltsamen und vielleicht auch fragwürdigen AGB´s gelenkt und Duzende meiner Facebook Kontakte schreien mit. „Ich habe die Daten bestellt“, „Ich habe ein Recht auf meine Daten“, „Was erlauben die sich“ sind einige dieser Aussagen, die ich auf meiner Startseite lese. 
 
Sicherlich haben wir in unseren Breitengraden gesetzlich ein Recht auf unsere Daten. Ich bin kein Jurist, aber so viel weiss auch ich. Allerdings sehe ich das so: Facebook ist ein Netzwerk, welches seine eigenen Gesetze macht und diese in den AGB, den allgemeinen Geschäftsbedingungen festhält. Diese werden von einem geringen Prozentsatz gelesen. Dann pflegt der User sein Netzwerk, vereinigt sich auf schier menschliche Weise mit dem virtuellen Netzwerk und plaudert so, im Schutz der vermeintlichen Anonymität vor dem Bildschirm, seine persönlichsten, intimsten unter Umständen peinlichsten Momente in Form einer Statusmeldung heraus...
 
Plötzlich geritten von Einsicht, geht das Userlein hin und kontrolliert mal sein Profil, korrigiert hier, löscht da und schaut nach Ordnung. Peinliches und überflüssiges wird gelöscht.
 
Gelöscht? Nun ja, zumindest ist es für die Kontakte nicht mehr sichtbar. Wir wissen alle, dass einst gemachte Spuren im Netz schwieriger zu löschen sind als die Spuren auf dem Walk of Fame. Das Netz vergisst nichts. Das hat aber wenig mit Facebook zu tun, als mit dem Internet an sich. Jeder hinterlässt mit jedem Klick einen „Fingerabdruck“ durch seine IP Adresse. Das sollte jeder wissen.
 
Nun ist es möglich, seine Daten bei Facebook einzufordern, denn gemäss EU Verordnung muss dies möglich sein. Auch kein Novum. Warum also schreien nun alle nach dieser CD mit den eigenen Daten? Was ist passiert?
 
Bin ich als selbst bestimmter Nutzer solcher Medien nicht auch selber verantwortlich für die Spuren, die ich hinterlasse? Kann ich im „realen“ Leben (ist mein Leben im Netz „un-real?“) auch hingehen und alle meine nicht mehr erwünschten Spuren einfordern? Es gibt in meinem Leben mehr Menschen, die mich mittlerweile kreuzweise können, die vieles von mir wissen, von denen ich viel weiss. That´s life, so ist das Leben. Das einzige, was ich kann, ist zu lernen, dass ich gewisse Momente vielleicht nur für mich erleben, denken, spüren will und nicht alle und jeden darüber aufklären muss.
 
Ich selber habe mir meine Daten einmal runter geladen (https://www.facebook.com/settings - Dauerte ca 6 Stunden) und wenn ich mir das so durchlese, denke ich mir auch oft, dass viele Momente, Fotos, Äusserungen nicht nötig gewesen wären.
 
(Anmerkung zum Download; Hier siehst Du alle Postings, Kommentare, Bilder. In der CD siehst Du Log-in Daten, IP Adresse, Sämtliche von Dir eingegebenen demographischen Daten, Deine Chatprotokolle, Nachrichten etc. Auch von vermeintlich gelöschten Einträgen - Schlicht alles, was Du jemals eingegeben hast.)
 
Das liegt aber nicht daran, dass Facebook sich verändert, sondern meine Einstellung, mein Umgang mit dem Medium und meinem ganz anderen Lebensstil. Aber all diese Momente, Fotos, Äusserungen tragen dazu bei, dass ich heute der bin, der ich bin. Und somit, sind diese Momente vielleicht peinlich oder veraltet, aber sie sind ein Teil von mir. Und dafür ist nur einer verantwortlich; Ich selber.
 
Ich habe gelernt. Mich gibt es mittlerweile nur „als öffentliche Person“. Ich posaune nicht mehr jede Meinung in einem Posting oder muss auf Krampf 239 Postings am Tag raus hauen, die mehr Aufschluss über mich geben, als die Patientenakte eines Psychiaters. Aber das ich es getan habe, muss ich akzeptieren. Irgendwer in Dublin (europäische Facebook Zentrale) weiss das sicher, interessiert sich wahrscheinlich eher peripher für mich.
 
Vielen von denen, die nun nach dieser Daten CD schreien, rate ich erstmal ihr Profil für Aussenstehende zu schliessen, Ihre Aktivitäten nicht jedem zugänglich zu machen (Ich bin verblüfft, wie viele hier, trotz Geschrei nach Schutz, nachlässig sind). Ausserdem vielleicht nicht jede Befindlichkeit raus zu posaunen, wenn man die Sachen nicht ein paar Monate später bereuen könnte. 
 
Im Grunde genommen ist es wie im zwischenmenschlichen Zusammensein. Irgendwer, der in ein paar Jahren nicht mehr mein Freund sein wird, weiss Dinge von mir, die besser jetzt nicht wissen sollte. Aber so spielt das Leben. Eben. Viele meiner ehemaligen Wegbegleiter vergessen auch nichts, sehen mich noch so wie vor einigen Jahren. Im Netz habe ich wenigstens die Möglichkeit nach Aktualität zu sortieren. 
 
Zum anderen will ich Fragen; Wenn die CD dann im Briefkasten landet, was dann? Dann ist bestätigt, was eh bekannt ist: Das Netz vergisst nichts. Geht es Dir dann besser? Oder geht es hier einfach um das Phänomen; Wenn alle einen Wind um eine Sache machen, mache ich doch direkt mal mit um es in ein paar Tagen gegen eine andere populistische Sache eintauschen zu können.
 
Vielleicht sollten wir alle einfach mal AGB´s lesen, die Pay Back Karte vernichten, keine AOL, Yahoo, web.de oder sonstigen werbegesteuerten Mail Programme nutzen, Google meiden, online Bestellungen einstellen, Chats und Skype verbannen und - ach was sag ich - Den Computer vom Netz nehmen!
 
In diesem Sinne
Denk doch mal nach!